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Fermilab g-2 Ring Reidar Hahn CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Das Myon g-2-Experiment

Fermilab findet „Hinweise für eine neue Physik“

Dieser Tage ist das Ereignis in aller Munde. Wissenschaftsredakteure auch in der Zeit schwärmen in den höchsten Tönen davon. Die DailyMail bezieht sich auf den amerikanischen String-Theoretiker Michio Kaku, der schon Anzeichen einer finalen Theorie der Welt gekommen sieht. Dessen neuestes Buch für Laien heißt dementsprechend auch vollmundig „God Equation“. Aber der Artikel liest sich echt locker. Viele Pointen sind darin versteckt. Lustig!

Seit etwa 50 Jahren gibt es bereits das Standardmodell der Elementarteilchen. Außer der Entdeckung des Higgs-Teilchen im Jahre 2012 ist hier seit vielen Jahren nicht viel Neues geschehen. Die Gravitation bleibt unverändert außen vor. Und nun das: Das Brookhaven National Laboratory in New York findet bereits 2001 Hinweise auf unerwartet taumelnde elektromagnetische Spins von Myonen im Vakuum, in einem superstarken Magnetfeld, fast bei Lichtgeschwindigkeit. 14 Meter Durchmesser hat der Ringmagnet.

Nun hat man den Magneten aufwändig zum Fermilab nach Illinois gebracht, dort ein Labor mit noch viel exakterer Messtechnik aufgebaut. Und die Resultate haben sich innerhalb mehrere Jahre bestätigt! Wenn auch das in der Teilchenphysik geforderte Signifikanzniveau von 5s mit 4,3s gerade noch verfehlt wurde. Die dortigen Wissenschaftler sind dennoch der Meinung, dass die nötige Signifikanz durch weitere Experimente doch bald erreicht würde.

Sie werden sich vielleicht fragen: Myonen, was ist das denn? Nun, es sind die schweren Cousins der Elektronen, die leider nur eine Lebensdauer von 2 Mikrosekunden haben. Aber die Ladung und der Spin sind gleich, nur die Masse ist 200-mal höher. Normalerweise entstehen sie in den Außenschichten unserer Erdatmosphäre, wenn superstarke kosmische Höhenstrahlung mit den dortigen Molekülen kollidiert.

Durch eine Art „Translokation“ derselben kann man sie dennoch am Erdboden messen, etwa 100 davon pro Quadratmeter und Sekunde kann man zählen. Die Myonen dringen normalerweise durch alle Abschirmungen durch. Selbst meterdicke Bleiwände halten sie nicht auf. Experimente, bei denen sie stören könnten, müssen deswegen schon mal in tiefe Bergwerke verlegt werden.

Bei Myon g-2-Experiment haben sich nun die Elementarteilchen im Fermilab anders bewegt, als es aufgrund von Vorhersagen nach dem Standardmodell zu erwarten gewesen wäre. Die Messwerte weichen tatsächlich hinter der 8. Nachkommastelle von der Vorhersage ab. Als Arzt komme ich hier schon ins Staunen. Unsere Laborwerte gelten schon als exakt, wenn sie bis auf 5 % genau sind. Medizin scheint mir gar keine Wissenschaft zu sein. Kann das sein?

Was bedeutet dieses mögliche Highlight der Physik für uns? Viele eminent wichtige Fragen der menschlichen Existenz tauchen auf neben mehr scherzhaft gemeinten. Gibt es die einheitliche „Welt-Formel“ tatsächlich? Was war vor dem Urknall? Was liegt auf der anderen Seite eines schwarzen Loches? Wie fühlt sich dunkle Materie an? Was bedeutet es für uns, wenn in bis zu 11 Dimensionen gedacht werden kann? Was ist mit den Paralleluniversen? Werden Visionen à la Raumschiff Enterprise und Starwars einst tatsächlich wahr?


Rein aus dem Bauch heraus möchte ich vermuten, dass nach dem ohnehin schon unhandlichen Standardmodell der Elementarteilchen nur ein weiteres folgen könnte, und danach ein anderes … und so weiter. Das als „God Equation“ bezeichnen zu müssen, ist wieder mal typisch amerikanisch. „Work in Progress“ passt besser. Aber eine neue wissenschaftliche Erkenntnis zu gewinnen, das wäre schon toll!


Einstein once said that if you see a lion’s tail, perhaps there might be a lion attached to it. Any tiny deviation from the Standard Model would be a tail pointing to the true theory.

Nach Michio Kaku, im Interview zu MailOnline

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