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Tanz in den Mai

Russischer Krieg verhindert Harmonie!

Am Samstag war es wieder so weit. Nach zwei Jahren Corona und weiteren Jahren Pause: Wir tanzen in den Mai. Wir vergessen dabei, dass immer noch 26 Patienten sich in Remscheid wegen Corona im Krankenhaus befinden. Wir ignorieren die aktuellen Corona-Erkrankungen von Bekannten und Verwandten, den hohen Ansteckungsgrad trotz Impfung und Booster-Impfung. Fast alle Beschränkungen sind ja aufgehoben.

Im Tanzsaal, der allerdings über Luftfilter bzw. Desinfektionsgeräte verfügt, halten sich 50 Personen auf. Und die sind aktiv, bewegen sich und reden viel und laut. Abschließend erklingt sogar das Lied „Der Mai ist gekommen…“ Es gibt reichlich zu essen und zu trinken. Eine richtig schöne Party in der Tanzschule also. Dabei setzen wir aber Masken auf, sicher ist sicher.

Wir haben vorher unsere Kenntnisse von 15 Jahren Tanzsportverein sowohl in der Tanzschule als auch zu Hause im Wohnzimmer aufgefrischt. Es ist schon erstaunlich, wie viel man an Details noch abrufen kann! Fallaway reverse slip pivot funktioniert wieder nach wenigen Anläufen, sowohl im Langsamen Walzer als auch im Turniertango. Auch unsere komplexe Chase-Figur lässt sich mühelos performen.

Im dritten Versuch funktioniert auch Discofox wieder, wenn auch nur mit einer vergleichsweise kurzen Folge ohne raffinierte Verknotungen der Arme. Aber immerhin schon schwierig und auch ganz schön schnell zu deutscher Discofox-Musik, also mit >32 Takten pro Minute!

Es gelingt uns sogar, mit den vielen MittänzerInnen nicht zu kollidieren. Was keine Selbstverständlichkeit ist, wenn schon mal welche gegen die Richtung tanzen. Fasziniert bin ich, als es uns gelingt, beim Wiener Walzer auch den rückwärtigen Wechsel der Drehrichtung zu bewältigen! Als ob es keine zweijährige Pause gegeben hätte.

Auch die Achillessehne schmerzt überhaupt nicht. Die Ruptur hatte mich schließlich zuletzt für ein halbes Jahr ausgebremst. Ach ja, da hat sich das exzentrische Krafttraining auf der Treppenstufe absolut bewährt. Auch wenn das nicht evidenzbasiert ist in seiner Wirkung. Und die Schulterprobleme haben sich fast in Luft aufgelöst. Auch das kommt wohl durch dosiertes Krafttraining, zumeist an der Treppe. Schmerzmittel habe ich zuletzt vor Monaten eingenommen.

Man könnte fast meinen, alles sei auf dem richtigen Weg.


Wenn da nicht der Krieg Russlands gegen die Ukraine wäre.

Gestern Abend schreibt die taz von einer Art Drohsendung im russischen Staats-Fernsehen, abends, zu bester Sendezeit. Hier unterhalten sich Moderatoren und Gäste über die katastrophalen Folgen von Atomschlägen gegen die europäischen Hauptstädte. Ein starkes Stück, finde ich. Klar, das ist Propaganda pur. Es sollen im Westen Ängste geschürt werden. Trotzdem ist das extrem unschön. Eine Talkshow über atomare Vernichtungsschläge. Ich hasse Talkshows sowieso!

Sogenannte Intellektuelle haben sich in einem offenen Brief an Kanzler Scholz gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Sie möchten dadurch einen Atomkrieg verhindern. Ob sich Putin und seine Clique dankbar dafür erweisen werden? Bei der imperialistischen Logik in Russland? Viel schlimmer ist sie als zu Zeiten der Sowjetunion! Der Imperialismus hat sogar die Russisch-orthodoxe Kirche erreicht!

Selbst Papst Franziskus hat kürzlich bei Putin um einen Termin gebeten! Vermutlich wird er auch an dem lächerlichen, ovalen Tisch sitzen müssen. Wenn er denn kommen darf.

Lügenbaron Lawrow ist absolute Weltspitze in der Täter-Opfer-Umkehr. Russland kämpfe gegen den internationalen Nazismus, der sich in der Ukraine wiederfände. Sein Freund Berlusconi räumt ihm dafür breiten Raum auf einem seiner Sender Rete4 ein! Den Vogel schießt Lawrow dort mit seiner Behauptung ab, Hitler sei Jude gewesen. Irre! Was für ein Fake! Israel wehrt sich lautstark gegen die Geschichtsumdeutung. Wo sind wir hingekommen!

Ich fürchte, dass der offene Brief, veröffentlicht ausgerechnet in der Emma, zwar gut gemeint ist, aber letztlich keinen positiven Effekt entfalten kann. Gegen Krieg sind hoffentlich alle, erst recht gegen den Atomkrieg! Aber Nichteinmischung als Prinzip? Den Ukrainern sagen, sie mögen sich ergeben? Ob das richtig ist? Das würde den russischen Angriffskrieg letztlich legitimieren. Warum wird nicht gleichzeitig ein Brief an Putin geschickt? Sollen etwa geschlagene Frauen Verständnis für den Täter aufbringen und sich weiter misshandeln lassen? Hat eine Frau als Replik getwittert.

Und schon ist der nächste offene Brief an Kanzler Scholz da. Hier sprechen andere sogenannte Intellektuelle sich für die Waffenlieferungen aus, also das Gegenteil.

Auch die Satire-Seite Der Postillon kann es nicht lassen, einen eigenen offenen Brief an den Kanzler zu veröffentlichen. Hier der Link zum Postillon. Etwas Scherzhaftes kann nicht schaden bei all den düstren Gedanken, die sich aufdrängen.

Ich meine, dass mein Vater angesichts der frühen Postjugoslawienkriege irgendwann meinte, da müsse man doch militärisch eingreifen, um weitere Massaker zu verhindern. Ich habe mich damals über ihn doch sehr gewundert, denn ich war bisher von seiner pazifistischen Grundhaltung überzeugt. Welche Folgen das Nichteingreifen von Blauhelmsoldaten haben kann, wird allerdings am Massaker von Srebrenica sichtbar.

Eine schwierige Zeit ist das. Die Ideallösung kenne ich nicht.

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