Gestern waren wir wandern, an einem etwas schwülem, aber nicht zu heißen Sommertag. Unser naturnaher Weg führt auch am ehemaligen Schloss Ahlhausen bei Ennepetal vorbei. Wir versuchen, von der Straße Silbersiepen aus die optimale Position zum Fotografieren zu finden.
Doch Achtung, von oben fährt bergab zügig ein Fahrzeug vorbei. Ich höre schon die lauten Reifen- und Motorgeräusche eines weiteren Fahrzeugs, noch, ohne dass ich es sehen kann. Vorsichtshalber springen wir zur Seite. Dann kommet ein schwarzer, einheimischer SUV viel zu schnell um die unübersichtliche Rechtskurve von oben bergab. Ich schüttele den Kopf, der Fahrer sieht mich wohl, bremst scharf ab, und kommt neben mir zum Stehen.
„Geht’s denn nicht noch etwas schneller!“, sage ich ironisch durch das geöffnete Fenster. Ein seriös wirkender älterer Herr antwortet mir: „Junger Mann, ich darf hier 100 fahren!“ Ich, immerhin 73 Jahre alt, sage wieder ironisch: „Dann fahren Sie hier doch 100!“ Schon braust er weiter. Genau an dieser Stelle gilt für ihn rechts vor links, das ist ihm egal. Hier befindet sich immerhin ein Naherholungsgebiet mit Wanderrouten, vielen Radfahrern und ein Kinderspielplatz. Um die Ecke das Klutertbad mit Parkplätzen. Das ist definitiv kein Ort für schnelles Fahren.
Ich will mich selbst nicht von so einem Verhalten als Autofahrer freisprechen. Irgendwie fühlt man sich anscheinend stark, wenn man als Fahrer im Auto sitzt. Oder einfach gedankenlos. Neulich wurde auch ich mit 36 in der 30er-Zone geblitzt. Aber der Herr eben fuhr bestimmt 60 oder mehr, wenn man das Fahrzeug in der Ferne schon hört.
Ich denke, die Verkehrswende fängt im Kopf an. Warum muss man überhaupt so schnell fahren, wenn es zeitlich fast nichts bringt und auch noch andere gefährdet? Können wir nicht gelassener sein? Wir sind ja nicht auf dem Nürburgring, wo jede Sekunde zählt.
Leute, fahrt doch einfach nur mal die zulässige Geschwindigkeit + 2 Km/h! Ihr fühlt Euch sofort als Verkehrshindernis, hinter Euch wird auf Teufel-komm-raus gedrängelt. Ihr werdet dann oft innerorts überholt. Muss das denn sein? Das mit dem Tempo 130 oder 120 auf der Autobahn erwähne ich nur am Rande. Argumente sind hier genügend ausgetauscht, Umwelt, Unfälle und Kosten sprechen eine klare Sprache.
In der deutschen Gesellschaft scheint es derzeit keinen Konsens darüber zu geben, dass Autos ein notwendiges Übel sind, und dass große Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Lebensqualität durch weniger Autos und defensiveres Fahren zu verbessern. Schaut Euch doch nur mal das Panzer-Design aktueller SUVs an! Ich, ich, ich, dann folgt lange nichts. Das scheint der Zeitgeist zu sein. Ich wiederhole mich: Die Verkehrswende fängt im Kopf an.