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Selbstgespräche

Habe ich letzte Woche in der TAZ gelesen, Satire-Kolumne „Wahrheit“: Das Schweigen habe ein Ende: In der heutigen Selbstbespiegelungs-Gesellschaft würden gute Selbstgespräche wieder gepflegt. Man hört es allerdings nicht physisch, wenn das Ich mit dem Selbst kommuniziert. Hoffentlich haben die Beiden sich auch etwas zu sagen!

Ich finde den kurzen Artikel lustig und dennoch in gewisser Weise bedenkenswert. Es ist schon richtig: Was machen wir eigentlich, wenn wir dauernd am Smartphone daddeln und meinen, ständig News aufsaugen zu müssen. Das ist im Prinzip auch ein innerer Dialog. Denn wirklicher Dialog erfordert einen äußeren Gesprächspartner/-in. Die oft unsäglichen Diskussionsforen sind ein müder und formaler Ersatz dafür. Denn sie fördern extreme und unfundierte Positionen.

Wenn das Ich und das Selbst sich nichts mehr zu sagen haben, dann müssen beide zum Selbstgesprächstherapeuten. Hoffentlich hat der auch Termine frei, denn der muss bestimmt wichtige ….. Aber vielleicht bringen ja große Geldscheine ihn in die Bereitschaft zum äußeren Dialog. Hahaha.

Es ist logisch, Selbstgespräche als Therapie sind immer Gruppentherapie. Und wenn man sich nun noch die Stille in der Gruppensitzung vorstellt, einfach fantastisch!


Es ist schon klar, der innere Dialog kann kein Ersatz für eine Kommunikation nach außen sein, nämlich mit realen Menschen. Bei aller Notwendigkeit der Selbstreflexion kann die narzisstische Selbstbeschäftigung offensichtlich schräge Ideen fördern. Wieso sind etwa 10 % der Deutschen empfänglich für krude Ideen und merkwürdige Ideologien? Offensichtlich tragen die neuen Medien nicht zur Besserung bei. Sie scheinen mehr dem Matching von Menschen mit diesen schrägen Merkmalen zu dienen. Social Media haben einen Verstärkungseffekt, sie dienen der Selbstbestätigung der eigenen Position.

Ich habe diese Form des Blogs gewählt, weil ich mich nicht in die Welt von Fake und Hate wie beispielsweise bei Facebook begeben möchte. Ich bin mir auch gar nicht sicher, immer die „Wahrheit“ zu kennen, oder immer total eindeutige Positionen zu haben. Etwas mehr Ambivalenz bei Meinungen scheint mir doch sinnvoll zu sein. Schwarz-weiß-Denken war noch nie eine gute Idee. Wer meint, im Besitze der Wahrheit zu sein, bereitet letztlich den Populisten den Weg. Wir wissen aus der deutschen Geschichte, wo das endet.

Etwas Unsicherheit im Dialog mit anderen aushalten zu können – das wäre gut!

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