Es hat mehrere Stunden gedauert, bis mir halbwegs klar wurde, was uns Trainer Christian in der Tango-Gruppe Remscheid eigentlich vermitteln wollte. Nämlich eine außenseitliche Rechtsdrehung im Tango Vals. Noch dazu im sogenannten gekreuzten System, also die Partner müssen dann versetzt stehen. Dazu müssen auch noch Rhythmus und Phrasierung stimmen, also typisch für den Tango argentino sein.
Zur Erinnerung eine kurze Beschreibung der Rechtsdrehung beim Wiener Walzer: Standardhaltung mit Rahmen, sie den Oberkörper und den Kopf leicht zurückgeneigt. Gleichmäßig schwingender Rhythmus im Dreiviertel-Takt mit 60 Takten bzw. 180 Schritten pro Minute. Alle Schritte werden im Prinzip zeitlich gleich lang getanzt. Die Eins ist betont und groß, und wird als eindeutiger Fersenschritt getanzt. Zwei geht zur Seite, Drei schließt und dreht bis der Rücken schräg zur Mitte zeigt. 2 und 3 sind mit flachen Füßen zu tanzen. Heben und Senken findet nicht oder kaum statt, die Knie sind leicht gebeugt, die Oberlinie bleibt fast auf einer Höhe. Auf jeden Taktschlag einen Schritt, also 180 pro Minute. Das ist schnell.
Start in die Rechtsdrehung mit Ausrichtung schräg zur Mitte in TR. Der erste Schritt geht inline in TR, der zweite zur Seite in TR, auf drei erfolgt eine Viertel-RD mit Schließen. Also vor-seit-drehen. Danach folgt rück-seit-drehen, wobei die Rückwärts-Schritte viel kleiner sind. Wer rückwärts geht, unterstützt dadurch den, der vorwärts tanzt, es handelt sich um einen Schwungtanz! Wir stehen dann wieder schräg zu Mitte in TR, mit geschlossenen Füßen.
Doch nun die außenseitliche Rechtsdrehung im Tango Vals: Ausrichtung in TR oder besser schräg nach außen in TR. Leicht gelockerte Tango-Haltung. Er wechselt mit einer heimlichen Salida nach links auf den linken Fuß, sie bleibt auf links, dabei drehen beide im Oberkörper etwas nach rechts.
Er geht im gekreuzten System jetzt mit rechts außenseitlich vor in TR und dreht zum Ende um 180°, sie mit rechts zurück in TR und dreht ebenfalls nach rechts um 180°. Ein echtes Slow auf eins+2+3 ist dazu vom Tempo her erforderlich. Also bisher vor+drehen auf drei Taktschläge.
Dann folgen ohne Drehung die für Tango typischen schnellen und kleinen Rückwärts-Schritte auf eins und zwei, links-rück und rechts-rück als Verdopplung mit kleiner Pause auf drei. Bitte ohne Schließen!
Bis hierher ist das eine halbe Achsendrehung und zwei Schritte Gehen auf 2 Takte bzw. 6 Taktschläge.
Sie geht jetzt mit rechts vor in TR und dreht am Ende um 180°, er mit rechts zurück in TR und dreht ebenfalls nach rechts um 180°. Mit einem echten Slow auf eins+2+3. Also auch hier vor+drehen bzw. rück+drehen auf drei Taktschläge.
Es folgen die tangotypischen, schnellen, geraden Rückwärts-Schritte auf eins und zwei, links-rück und rechts-rück als Verdopplung und eine kleine Pause auf drei ohne Schließen.
Man könnte das auch beschreiben als Sloooow-Tip-Tip-Wait, um die rhythmische Verteilung über zwei Takte á drei Taktschläge zu charakterisieren. Möglich wäre auch die Auftakt-Form Sloooow-Wait-Tip-Tip. Zugegeben, etwas verwirrend.
Je nach Tempo des Tango Vals reichen eventuell schon zwei halbe Drehungen. Per definitionem handelt es sich hier schließlich um Achsendrehungen! Man könnte die Figur auch unterdreht vertanzen, um den Komfort zur erhöhen oder den Raumbedarf zu verringern, gerade bei einer Milonga. Danach könnte man vielleicht eine kleine Pause einlegen, oder verzögert weiter drehen in einen Rückwärts-Ocho nach rechts.
Das war sie, die außenseitliche Rechtsdrehung im Tango Vals, mit Phrasierung, beschrieben im großen Unterschied zum Wiener Walzer. Ich musste ordentlich nachdenken, um die Tanzfigur zu verstehen. Aus Gründen der besseren Tanzbarkeit habe ich Drehen und Gehen auf zwei Takte verteilt.
Tango Vals ist nämlich manchmal deutlich schneller als 60 Takte pro Minute. Yann Tiersen – The Waltz of the Monsters bringt es auf sagenhafte 250 Taktschläge pro Minute, also über 80 Takte pro Minute. Um Drehen und Gehen in einem Takt zu tanzen, müsste man regelrecht rennen. Es gibt ihn aber auch, den langsamen Tango Vals mit 55 Takten pro Minute.
By the way, es geht hier ja um Tango. Da ist es möglich, obige Figur auch im Viervierteltakt zu vertanzen, einfach nur dadurch, in dem man den Rhythmus Slow-Quick-Quick wählt, also Drehen und Tip-Tip-Beschleunigung anpasst, ohne zu schließen. Alles klar? Oder?
